stammheim

(Deutschland, 1985, 103mn)
ZDF
Regie: Reinhard Hauff
Kamera: Frank Brühne, Günther Wulff
Musik: Marcel Wengler
Schnitt: Heidi Handorf
Mit: Hans Cremer (Jan-Carl Raspe), Sabine Wegner (Gudrun Ensslin), Therese Affolter (Ulrike Meinhof), Ulrich Pleitgen (Vorsitzender), Ulrich Tukur (Andreas Baader)
Autor: Stefan Aust
Produktion: Bioskop-Film, Thalia-Theater
Produzent: Eberhard Junkersdorf, Jürgen Flimm

 

Rund zehn Jahre, nachdem in Stammheim die führenden Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe und Gründer der terroristischen "Rote Armee Fraktion" vor Gericht gestellt und verurteilt wurden, unternimmt Regisseur Reinhard Hauff eine filmische Rekonstruktion des 192 Tage währenden Prozesses. Ausgehend von authentischen Protokollen und unter Verzicht auf jegliches fiktives Beiwerk beschränkt sich die Inszenierung bewusst auf wörtliche Zitate des Prozessverlaufs - ohne eine Bewertung oder Ausführung der politisch-gesellschaftlichen Hintergründe des Falles. Stefan Aust, der das Drehbuch zum Film schreibt, beruft sich ausschließlich auf Originalzeugnisse des Prozesses und Briefe der Angeklagten. Dieser Umgang mit der Materie verhindert ein unangemessenes Abrutschen in ein Dramatik heischendes Genre.

Hauffs freiwillige Askese lässt viele Fragen offen, ermöglicht jedoch gleichermaßen beklemmende wie spannende Einsichten in das Innere eines Justizapparates, der von der politischen Brisanz der Materie offensichtlich überfordert ist. "Wie in einem Mikrokosmos findet der Kampf zwischen Staat und seinen radikalsten Gegnern im Gerichtssaal statt. Die einen bekämpfen das Recht und die Ordnung des bürgerlichen Staates und berufen sich gleichzeitig auf seine Gesetze. Die anderen vertreten die Gesetze und verletzen dennoch das Recht." ("deutsches-filmhaus.de" 2007)

Obwohl keineswegs beschönigend in den Angeklagtenporträts, leistet der Film einen wichtigen Beitrag zum Verständnis politisch motivierter Gewalt und provoziert die erneute Auseinandersetzung mit einem tabuisierten, bislang unbewältigten Kapitel deutscher Geschichte.

 

ARTE zeigt den 1986 bei der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichneten Film zum Anlass des 30. Jahrestages des "Deutschen Herbst".